Perry und die Paläste (1)

Am 3. Januar erscheint Perry Rhodan NEO Band 60 unter dem Titel Der Kristallpalast. Er markiert das Ende der laufenden Staffel, und als Autor zeichnet Rüdiger Schäfer verantwortlich – zum Glück. Mein nächster NEO, der nahtlos daran anschließende Staffelauftakt, kommt zwei Wochen später in den Handel und heißt "Die verlorenen Himmel." Alles andere wäre auch ein bisschen ungeschickt gewesen, denn schließlich gibt es ja schon einen Roman namens Der Kristallpalast von mir, und der hat mit dem arkonidischen Regierungssitz nicht das Geringste zu tun (auch wenn ich ihn nach wie vor für einen Science-Fiction-Roman halte, obgleich er im viktorianischen England spielt).

Das Bindeglied zwischen beiden Welten ist aber, dass ich den "Kristallpalast" 2011 auf dem Perry-Rhodan-WeltCon im Rosengarten Mannheim vorstellen durfte. "Gerahmt" von Markus Heitz und Andreas Eschbach war es die größte und bestbesuchte (und späteste) Lesung, die ich je hatte.

Den Titel von NEO 61 verdanke ich Rüdiger: Die "verlorenen Himmel", arkonidisch Tharg'Gerem, bezeichnen die verborgenen Bereiche innerhalb des Palasts, die aus verschiedenen Gründen von ihren Bewohnern verlassen, versteckt oder vergessen wurden. Als ich dann auf einmal merkte, dass ich das Exposé von Frank Borsch zunehmend durch die Brille von Paradise Lost zu sehen begann (es gibt da meiner Meinung nach einige verblüffende Parallelen zwischen Franks und Miltons Antagonisten, auch wenn alle Beteiligten das wahrscheinlich abstreiten würden), schrieb ich Rüdiger schnell eine Mail, ob ich seine Wortschöpfung nicht als Titelvorschlag gebrauchen durfte. Als dann noch Klaus N. Frick seinen Segen dazu gab, wusste ich, ich hatte nicht nur meinen Titel, sondern auch mein Leitmotiv.

Leitmotive sind mir beim Schreiben sehr wichtig geworden. Es ist ein einfacher Trick, seinen roten Faden nicht zu verlieren und einen Roman thematisch zu verdichten. Bei NEO 42 waren es das Motivs des "Fremden unter Fremden" und das Spiel mit vermeintlichen "Schmuckstücken." Bei NEO 53 war es das Bild der Fahrt durch eine "lange Nacht", eines lichtlosen Abgrunds in Raum und Zeit, den es zu überbrücken gilt. Und diesmal ist der ganze Roman eine Art Katabasis geworden – alle Figuren sind gefallen oder gezwungen, an einen dunklen Ort herabzusteigen, der sie mit dem konfrontiert, was sie verloren haben.

Natürlich stehen solche Sachen nicht im Exposé. Manche Leser werden es wohl auch nicht so empfinden. Aber mein Gehirn arbeitet beim Schreiben mittlerweile so, besonders, wenn ich unter Zeitdruck stehe und der Kaffee mal wieder schwarz, stark und vor allem schön lecker ist. Franks Ideenreichtum bietet dafür eine derart dankenswerte Nahrung, dass ich mich manchmal zügeln muss, vor lauter Symbolismus nicht die Handlung aus den Augen zu verlieren.

Ebenfalls zu Dank verpflichtet bin ich Rüdiger, mit dem ich nun schon zum dritten Mal eng zusammenarbeitete, und ohne den die Arbeit an diesem Roman ein einziger Alptraum gewesen wäre: Einen direkten Anschluss an einen Roman zu schreiben, der selbst erst zwei Wochen vor dem eigenen beendet wird, ist an sich nämlich unmöglich. Rüdiger hat mir aber jedes Kapitel, kaum, dass er es in der Rohfassung fertiggestellt hatte, vorab zugeschickt, und mir auf jede meiner panischen Mails meist binnen weniger Stunden geantwortet. Von einer solchen Ausgeglichenheit und Professionalität können viele andere Autoren nur träumen – mir diese Form von Arbeitsroutine zu eigen zu machen ist das Zweite, was ich bei Perry Rhodan gerade lerne.

Die nächsten Wochen folgt an dieser Stelle noch ein kleiner Blick unter die "Kühlerhauben" der kristallenen Paläste. Jetzt muss ich aber erst mal zu meinem nächsten NEO zurück ... ich glaube nämlich, ich habe gerade mein Leitmotiv gefunden.

Kaffee ist es schon mal nicht.